Seite 1 von 1

Regenwürmer contra Schnecken

Verfasst: Sa Sep 07, 2013 06:58
von tamtam
hallo ihr lieben, :hallo:

ich bin nicht sicher, ob es okay ist, ein neues thema zu eröffnen, nur um auf einen (sehr interessanten) artikel zu verweisen ... :nachdenk: wenn nicht, bitte verschieben!

es gab mal innerhalb eines anderen themas die überlegung, ob das an sich so wertvolle mulchen in sachen "schneckenplage" nicht eher kontraproduktiv sei - ich denke, dass die vorteile bei weitem überwiegen und jetzt bin ich auf diese interessanten ausführungen gestoßen:

Regenwürmer verderben Schnecken den Appetit

Boku-Studie: Würmer im Boden und Artenvielfalt senken Schäden durch Schnecken um bis zu 60 Prozent

Sie ist der Schrecken der Gärtner: Die Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris) gehört offiziell zu den 100 schädlichsten invasiven Arten in Europa. Nun haben Wissenschafter der Universität für Bodenkultur in Wien (Boku) herausgefunden, dass Regenwürmer ein geeignetes Gegenmittel darstellen. Sie verbessern nicht nur den Boden, sondern helfen den Pflanzen auch, sich gegen Angriffe der Schnecken zu erwehren, wie die Forscher im Fachmagazin BMG Ecology berichten.

In ihrer Studie haben sie untersucht, wie die gefräßigen Schädlinge auf verschiedene Umweltbedingungen reagieren. Dazu haben sie Pflanzengemeinschaften mit niedriger und hoher Diversität angelegt und teilweise Regenwürmer zugesetzt. Einige Wochen später gaben sie Nacktschnecken hinzu und ließen sie eine Woche lang ungestört fressen.

Das Ergebnis: Der Schneckenfraß war am höchsten, wenn keine Regenwürmer und nur wenige Pflanzenarten vorkamen. Waren jedoch Würmer im Boden aktiv, sank die Zahl der angefressenen Pflanzenteile sowohl bei den artenarmen als auch den artenreichen Gemeinschaften um rund 60 Prozent. Aber selbst ohne Regenwürmer verging den Schnecken die Fresslust, wenn sie in Gemeinschaften mit zwölf verschiedenen Pflanzenarten ausgesetzt wurden.
Zwei Prozesse am Werk

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass hier zwei Prozesse am Werk sind", sagt Studienleiter Johann Zaller. Einerseits verbessern die Regenwürmer die Nährstoffversorgung und damit die Fähigkeit der Pflanze, mehr Abwehrstoffe produzieren, die für die Schnecken giftig sind. Andererseits würden die Schnecken ein vielfältiges Nahrungsangebot verschmähen: "Sie bevorzugen Nahrung, die in großen Mengen verfügbar ist" , sagt Zaller. In artenreichen Ökosystemen müssen die Schnecken häufiger ihre Nahrung wechseln, weil von jeder einzelnen Art weniger vorhanden ist. "Das führt offenbar dazu, dass die Tiere insgesamt weniger fressen."

Für Gärtner heißt das: Gute Bedingungen für Regenwürmer schaffen (Chemie vermeiden, mulchen, Grabgabel statt Spaten) und eine möglichst hohe Pflanzenvielfalt aufrechterhalten. (kri, DER STANDARD, 22.5.2013)

quelle: http://derstandard.at/1363711679437/Reg ... en-Appetit

Re: Regenwürmer contra Schnecken

Verfasst: Sa Sep 07, 2013 09:51
von Rani
Zu den "guten Bedingungen" fällt mir ein: Mein Mann hat festgestellt, dass sich in einem unserer Kompostbehälter eine Blindschleiche (vorübergehend?) eingenistet hatte. Abgesehen von sonstigen Getier, ich glaube, Eidechsen und Igel haben wir auch. Jedenfalls meint er, die fressen wohl auch Regenwürmer. Ob das stimmen kann? Mir scheint tatsächlich, dass wir in unserem Kompost letztes Jahr mehr Würmer hatten. Oder wandern die freiwillig ab, wenn der Kompost reif ist? Das mag ja alles sehr naturnah sein, aber so richtig klar ist mir das Zusammenwirken der Tier- und Pflanzenwelt noch nicht ...

Gruß, Rani

*

Re: Regenwürmer contra Schnecken

Verfasst: Sa Sep 07, 2013 15:09
von tamtam
eigentlich sollte ich jetzt meinen mund bzw meine finger von der tastatur halten und in stiller vorfreude darauf warten, dass mia einen ihrer wunderbaren ausführlichen beiträge zum thema bodenpflege schreibt! =D>

aber da mich dieses thema (vor allem auch in früheren gartenzeiten) so emotional erwischt, will ich dennoch ganz kurz was dazu schreiben:

die regenwürmer werden eigentlich stellvertretend genannt für die zahlreichen kleinen und kleinsten helfer der gärtnerin - ich glaube, marie-luiese kreuter war es, die von der fleißigen unterirdischen kuhherde des gärtners schrieb! :lol: die regenwürmer sind halt die sichtbarsten vertreter der truppe und von ihrer anzahl kann frau durchaus schon ein wenig auf die bodenfruchtbarkeit schließen.
alles steht und fällt damit, dass den pflanzen nahrung zur verfügung steht: fruchtbarer boden, humus - und genau den produzieren regenwürmer und co durch die umwandlung von allen möglichen pflanzlichen und tierischen abfällen. alles wird so fein zersetzt, dass die pflanzen sich auf geheimnisvolle weise davon ernähren können.

das funktioniert in einem komposthaufen, in den tatsächlich die regenwürmer ein - und auch wieder abwandern, je nachdem, ob noch "futter" für sie vorhanden oder bereits alles umgesetzt ist. - aber das funktioniert eben (natürlich und zum glück :tanz: ) auch ganz ohne das eingreifen des menschen und ohne errichtung eines komposthaufens, überall dort in der natur, wo material für die zersetzung und umwandlung abfällt! anders wären die biologischen kreisläufe ja gar nicht denkbar in wald und flur etc

ein wunderbares zwischending von komposthaufen und natur pur ist nun das mulchen - die pflanzlichen abfälle zwischen und in den beeten bereitlegen zur produktion von humus genau dort, wo man ihn letzlich ja haben will: zwischen unseren pflanzen im garten! und das phantastische: die regenwürmer und co kommen genau wie wanderarbeiter genau dort hin, wo wir sie brauchen, wenn wir ihnen den tisch decken und nicht die beete harken und sterilisieren! und sie ersparen uns dann auch noch, den kompost vom komposthaufen mit eimern und schubkarre zu den beeten zu tranportieren :lorl:

trotzdem hatte ich im garten früher auch einen komposthaufen, einfach weil ich keine küchenabfälle zwischen die pflanzen auf die beete streuen wollte - aber pflanzenreste, grasschnitt, blätter etc hab ich immer zum mulchen genommen und damit ausnehmend gute erfahrungen gemacht!!! =D>

irgendwie entwickelt frau - ich jedenfalls - schon fast eine persönliche beziehung zu den lieben kleinen würmlis, wenn sie gezielt ihren tee - und kaffeesatz hier und dort verteilt! :oops:

jetzt hab ich keinen garten mehr - aber ich kann auch auf dem balkon nicht mehr ohne würmlis leben und dort steht deshalb jetzt eine wurmkiste :tanz:

liebe grüße, tamtam

Re: Regenwürmer contra Schnecken

Verfasst: So Sep 08, 2013 09:51
von Rani
Danke, Tamtam. Ich versteh das jetzt so, dass ich mir wegen des wurmarmen Komposts keine Gedanken machen muss, solange ich beim vorsichtigen Bodenlockern um die Gewächse herum auf genug von diesen Mitbewohnern stoße. Gut. Seit wir auf den Trip mit dem Mulchen gekommen sind, haben wir so gut wie keine "Abfälle" mehr, es wandert alles ins Recycling. Allerdings hab ich Kaffeesatz und die bei uns in größeren Mengen anfallenden Teeblätter bisher eher in den Kompost gegeben. Aber warum nicht gleich direkt auf die Beete damit? Allerdings: Führt das in dieser unvermischten Form nicht irgendwann zu einer Verschiebung des Gleichgewichts in Richtung saurer Boden? Das würde dann bedeuten, dass diese Reste nur ins Rhododendronbeet dürfen. Oder? :nachdenk:

LG, Rani

*

Re: Regenwürmer contra Schnecken

Verfasst: So Sep 08, 2013 20:04
von Luzian
Interessanter Bericht. In meinem Garten früher hatte ich eine Stelle von etwa 1,5 Spatenstich tief
wo eine Lehmader war und dort tummelten sich auch immer die meisten Schnecken.
Gerade da, wo am meisten Lehm unter der Humusschicht und
somit schlusszufolgern die wenigsten Regenwürmer waren.
Ich habe mir von einem Bekannten auch mal eine indische Laufente namens "Mahatma Ghandi"
ausgeliehen, die dort die Schnecken in ein paar Tagen gefressen und stark dezimiert hat.
Diese Laufenten sind wirklich Klasse, hätte mir auch fast selber eine angeschafft. :smile:
Doch leider ist Mahatma Ghandi wenige Monate später ums Leben gekommen, weil
ihm ein Fuchs nachgestellt ist. Wirklich schade, er war ein guter Schneckenjäger.

Viele Grüße

Luzian

Re: Regenwürmer contra Schnecken

Verfasst: Mo Sep 09, 2013 01:58
von Mia
Beitrag, heute, Montag, 9. Sept. noch mal geändert.

Haaaach ja, Mia kömmt, muss aber keinen ihrer langen Beiträge schreiben, weil Tamtam das Wichtigste schon gesagt hat!

Hallo in die Runde! Hallo Tamtam! :smile:

Finde ich einen SUPERGUTEN Beitrag, den Du da eingestellt hast! Ja, die "unterirdische Kuhherde" stammt von Marie -Luise Kreuter.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Regenwürmer, die hier örtlich hingehören, in den langen Jahrhunderten ihrer Assimilation mit den hiesigen Pflanzen, diese vor den feindlich eingewanderten braunen Wegschnecken schützen können. Scheint mir auch Sinn zu machen, denn Regenwürmer und Pflanzen leben ja in einer Art Symbiose.
Die Regenwürmer bauen die tiefen Gänge, durch die die Pflanzenwurzeln rasch mit Wasser versorgt werden, gleichzeitig ziehen die Würmer oberflächlich verrottendes Material in die Gänge, verstoffwechseln es dort, so dass die Pflanzen dadurch wurzelnah Humus und Nahrung bekommen. Nicht genug damit: Regenwurmgänge sind wie Schnellstraßen im unterirdischen Bebauungsplan. Links und rechts wachsen gewaltige Hochhäuser mit bodenbildenden Bakterien... in die Tiefe! Es ist also ein wunderbares Zusammenspiel - aber das wissen wir ja.

NEU an dieser Untersuchung ist, dass das Verhältnis von "Pflanzen aufbauenden" Regenwürmern zu " Pflanzen zerstörenden" Nacktschnecken angesehen wurde. Wenn man das liest, gibt das allen Schneckengeplagten richtig Hoffnung, gell?
Aber wie kriegen wir die Leute dahin, dass sie dick mulchen, obwohl der Mulch in den ersten Jahren vor allem die Schnecken anzieht und von ihren Gemüsen kaum etwas übrig bleibt? Bevor sich die reichliche Regenwurmfraktion und Bodenfauna angesiedelt hat?
Ich denke, das geht nur peu a peu und durch Bewusstsein.
Erster Schritt: Blumen-, Stauden- und Kräutergarten: Möglichst reichhaltig bepflanzen, dicht und mit Bodendeckern! Unter allen Sträuchern, wie zum Beispiel Deinen Strauchrosen im Deinem alten Garten, Tamtam, kann sofort dicht gemulcht werden. Ebenso unter Rhododendren, Azaleen, Zier- und Beerensträuchern.
Next:
Leute sollen aufhören im Gemüsegarten nackte Erdkrume zwischen den Saatreihen zu hinterlassen! Dann angetrockneten Dünnmulch, Kompost, Pflanzenjauchen und Gründünger einbringen, um das Bodenleben zu aktivieren.
Lebt es, kann man - finde ich persönlich - erst dann zu dickerem Mulch raten. Vorher ergibt der dicke Mulch, nach meiner Erfahrung, vor allen in schattigen Gemüsegärten, reine Schneckennester. Aber wenn das Bodenleben einmal richtig in Fahrt gekommen ist, meine ich, könnte auch hier eine stärkere Mulchschicht drauf! Es gibt ja auch zahlreiche Leute, die das in der Literatur vormachen! Nur jene, die den abgeschittenen Spinat zwischen Saatreihen von winzigen Kopfsalaten dick liegenlassen können, haben auch mal klein angefangen, bis sie sich ihre Bodenlebewesen und ihr Regenwurmkontingent angezüchtet hatten.

Ich mache beides: Ich mulche, unter Sträuchern auch richtig dick, und ich habe einen Komposter, denn ich will auch gezielt Kompost verteilen können.
Wobei ich keine Gemüsereste an sichtbaren Stellen auf Staudenbeete schmeisse, weil ich es auch schön haben will. Kartoffelschalen und alte Paprikakronen müssen nicht unter Edelrosen und Madonnenlilien liegen. Hier nehme ich Grasschnitt, rausgezupftes Unkraut, alte Ringelblumen... :wink:

Lieben Gruß
von einer aktuell sehr müden

Mia

Ich hätte das Thema gerne noch mehr vertieft, muss aber jetzt ins Bett! Und Rani, bitte mach Dir keine Sorgen! Regenwürmer verlassen Winters den von Menschen aufgestellten Thermokomposter, weil sie darin bitterlich erfrieren würden. Wenn sie es denn können, wenn kein zu kleines, mit Aststückchen verstopftes Gitter sie hindert! Sonst erfrieren sie tatsächlich. Sofern sie können, graben sie sich bei Minusgraden tiefer und tauchen im Frühjahr an anderer Stelle wieder auf. Sie besiedeln den Kompost auch dann Sommers nicht unbedingt neu, weil sie möglicherweise anderorts ein gutes Appartement an einer "First Avenue" gefunden haben-- oder, weil das Gitter für's Zurückkriechen zu fein war.

An dieser Stelle wichtiger:
Im Sommer verlassen Würmer den Komposter, wenn es ihnen zu heiß wird. Sie gehen NICHT, weil der Kompost keine Nahrung mehr bietet, denn oben kommt ja immer was Neues drauf! Aber es ist ja genau die Eigenart des Komposters, durch Hitze eine Rotte in Gang zu bringen! Und wenn da ungeschickt eine dicke Lage Grasschnitt hineingeworfen wurde, verbrennt sie von innen heraus regelrecht! Aber auch ansonsten kann Kompost innen mit 60-80 Grad sehr heiß werden. Dann hauen die Würmer - aus reinem Selbstzweck - natürlich ab! Wenn es dann noch draußen über lange Strecken Temperaturen bei 35 Grad hat, überlebt das kein Wurm, der nicht bald in tiefere Erdschichten fliehen kann. Deshalb ist es kein Wunder, wenn nach einem solchen Sommer wie wir ihn aktuell hatten, im frühen Herbst kaum ein Wurm im Kompost zu finden ist.

Ich glaube, Kaffeesatz und Teereste sind vom PH-Wert gar nicht so sauer. Ich müsste nachschlagen.
Aber ich würde auch nicht immer eine Rose dick mit Teeresten eindecken, sondern immer alles verteilen, im Sinne der Vielfalt! Und da kann man schon ziemlich viel Kaffee und Tee in einem Garten unterbringen, sofern er größer als ein Handtuch ist. :wink: